Fidschi – Fulaga – vom 23.9. bis 29.9.2016

Bei unserer Ankunft heute Morgen in Fulaga (gesprochen: Fulanga) haben wir bereits mit PACIFICO eine Runde durch die westliche Lagune gedreht, bevor wir am Landing des Hauptdorfes Moana-I-Cake vor Anker gehen. Hauptdorf wohl in erster in Linie deshalb, weil hier der Chief zu finden ist, zu dem wir für das Seusevu müssen. Fulaga ist völlig anders, als die Inseln, die wir bisher in der Südsee kennen gelernt haben. Die Lagune ist

umgeben von einer niedrigen Gebirgskette, nach Norden offen, dort wo sich auch zwischen den Riffen die schmale Zufahrt vom Pacific in dieses Inselparadies befindet. Die ist eher flach, überwiegend unter 10 m tief, mit einem hellen sandigen Boden. Im Westen ist die Lagune bis zur kleinen Gebirgskette weit und offen. Doch der weitest gehende Teil ist geprägt von kleinen und größeren Inseln, ähnlich dem äußeren felsigen Ring mit seinem dicht bewachsenen Dschungel. Die kleinen Inseln sehen häufig aus wie spitze Pilzköpfe oder die Dächer von runden Dschungelhütten. Dort, wo die Flut die felsigen Inseln umspült, sind sie im Laufe der Jahrtausende immer schlanker geworden, so das der obere Teil manchmal mehrere Meter Schatten spendend über dem Wasser hängt. An den größeren Inseln steigt der Lagunenboden zu weißen Stränden aus dem Meer empor.

Durch den hellen Sand leuchtet das Wasser der Lagune in vielen Blau-, Türkis- und Grüntönen, unterbrochen von fast weißen Sandstränden, den Felsen und der Farbenpracht des Dschungels. Ein Seglerparadies, das unzählige Ankerplätze bietet und uns eine bisher so nicht erlebte Vielfalt.

Nach 9.00 Uhr morgens machen wir uns vom Landingplatz auf den etwa 20-minütigen Fußweg durch den Dschungel ins Dorf, das auf der Südseite der Insel liegt. Am ersten Haus auf der linken Seite des Weges treffen wir auf Kelly, der uns freundlich begrüßt. Er lädt uns ein näher zu treten. Wir lernen seine Frau Sarah und ihre Großmutter Biju kennen. Biju kommt immer dann zu ihnen, wenn Sarah Unterstützung im Haus benötigt, wie wir später erfahren. Sie haben auch eine neunjährige Tochter, die jetzt im Moment natürlich beim Unterricht in der Inselschule weiter hinten im Dorf ist. Wir sind gekommen um Sevusevu zu machen. Mit unserer Kleidung haben wir uns an das gehalten, was in den Seglerberichten und Büchern steht: von der Kleidung bedeckte Knie und Schultern, keine T-Shirts, sondern Bluse oder Hemd, keine Hüte, keine Sonnenbrillen und keine Rucksäcke. Unsere Sachen haben wir in einem Stoffbeutel, den wir in der Hand tragen und nicht über der Schulter. Hermann hat zum Schutz seiner Kopfhaut vor der Sonne einen Regenschirm dabei, trägt seinen Tonga Sarong mit passendem Hemd. Für die Dorfbewohner sieht er in dem Aufzug aus wie ein hoher Regierungsbeamter, wie wir hinterher erfahren.

Kelly geht mit uns zum Chief für die Sevusevu- Zeremonie. Wir haben unser Kava-Geschenk, 50 FJD gewünschte Spende und auch unsere Cruising-Erlaubnis dabei. Letztere wird von Chief, einem weißhaarigen Gentleman, nach der Begrüßung als erstes begutachtet. Kelly übersetzt, was so gesprochen wird. Leider nicht alles, was der Chief erzählt, was wir sicherlich interessant gefunden hätten, Kelly aber wohl für nicht wichtig hält. Nach Übergabe unserer Geschenke werden die üblichen Begrüßungs- und Aufnahmeformeln gesprochen, begleitet von dem Händeklatschen, dass dazu gehört. Einklarierung im Dorf auf Fidschianisch eben. Das hätten wir geschafft und erledigt. So schlimm war es gar nicht und eigentlich sogar ganz nett. Jetzt sind wir gespannt, wie es mit der Gastgeber-Familie laufen wird. Da kann ja noch etwas auf uns zukommen, dem wir vielleicht lieber aus dem Weg gehen wollen.

Kelly zeigt uns erst einmal das Dorf mit der Schule, der Methodisten-Kirche, Wellblech-, Holz- und Steinbutten, der kleinen Post und der Schwesternstation. Die Krankenschwester, einen Arzt gibt es nicht, für die drei Inseldörfer und die Dörfer einiger Nachbarinseln ist seine Frau Sarah, erzählt er uns ganz stolz und er wäre der Boss.

Als Hermann nachfragt, wie es jetzt mit der Gastgeber-Familie sei, meint er, er denke, dass es seine Familie sei. ‚Sicher? Glauben oder wissen?‘ Er sei eigentlich sicher. Es stellt sich heraus, dass das ‚eigentlich sicher‘ dann sicher ist, nachdem er mit Sarah gesprochen hat und sie auch einverstanden ist. Aha, Sarah und Kelly sind jetzt unsere Gastgeber-Familie. Sie bitten uns ins Haus, doch wir wollen lieber draußen im luftigen Schatten bleiben. Also werden für uns zwei Stühle aus dem Haus geholt und in den Schatten gestellt, während die Frauen es sich auf dem Boden und Kelly in einem alten Drehstuhl bequem machen. Als Begrüßung-Cocktail bekommen wir frische Kokosnüsse gereicht, die Kelly auf dem Rückweg zum Haus von einer Palme mit einem langen Stab gepflückt hat. Die Trinkhalme dafür schneidet er aus den Stängeln von Papaya-Blättern. Durch den Halm zu trinken, lässt den Grünen süßen Kokossaft irgendwie angenehm fruchtig schmecken.

Wir werden für den Sonntag zum Lunch nach der Kirche eingeladen. Kontakt werden wir über das Funkgerät der Schwesternstation „Fulaga Radio“ halten. Zum Abschied bekommen wir zwei Papaya geschenkt und sollten wir sonst irgendetwas benötigen, wir würden es von ihnen bekommen.

Zurück an Bord lichten wir direkt den Anker, cruisen durch die östliche Bucht, bis wir einen schönen Ankerplatz für diesen Nachmittag und die kommende Nacht finden. Zeit unsere ersten Eindrücke nachwirken zu lassen. Wir kommen zu dem Schluss, dass alles doch viel netter ist, als erwartet und wir bestimmt eine sehr nette Gast-Familie haben werden.

Am Samstag lassen wir uns es gut gehen, suchen uns einen weiteren schönen Platz für den Tag. Im Laufe des Tages erreicht ein weiteres Boot die Insel. Die LOBSESSION, die auf dem Weg nach Tonga ist. Schade, nun sind wir nicht mehr allein. Naja, hier ist ja so viel Platz, dass es eigentlich dann doch nichts ausmacht. Doch wir hätten es schon gerne noch einige Zeit genossen, dass einzige Boot hier zu sein. Das Wetter ist sonnig schön, blauer Himmel und kaum Wind. Hier zu sein ist einfach wunderbar. Hier gibt es keine Resorts, nur die Inseldörfer. Das Versorgungsschiff kommt nur einmal im Monat. Wenn es sich dann auch noch um weitere Tage verspätet, wie diesmal, gibt es im Dorfladen keinen Zucker und kein Mehl zu kaufen. Dann leben die Menschen hier von dem, was die Natur ihnen gibt, also von Fisch, Muscheln und dem, was sie in ihren Gärten anpflanzen, wie Kasava, Kürbis, Papaya, Brotfrucht, Süßkartoffeln. Außerdem soll es ein paar Hühner und Schweine geben, die im Dorf aber nicht zu sehen sind. Wasser kann auch schon mal eng werden, wenn es nicht genügend regnet. Quellen gibt es nicht. Doch Kelly sagte, dass sie gut leben, auch wenn die meisten Fremden, die herkommen, dass nicht verstehen können.

Es waren auch einmal Leute hier, die ein Resort bauen wollten. Doch die Verhandlungen sind dann irgendwann im Sande verlaufen. Im Laufe der Woche wird uns klar, dass der Bau und Betrieb eines Resorts, den Menschen hier zwar Geld und Arbeit bringen würde, aber es würde ihnen auch ihre Freiheit nehmen. Es gibt hier jede Menge Feierlichkeiten im Laufe der Woche, große und kleine, wie zum Beispiel der einhundertste Tag nachdem jemand verstorben ist, eine Baby-Party ähnlich einer Taufe, die Vorbereitung für eine Schulfeier oder einen nationalen Feiertag, die dann jeweils ja auch gefeiert werden. Neben dem Essen, dass dann für das ganze Dorf oder alle drei Inseldörfer gekocht und gegessen wird, heißt feiern auch von morgens bis spät in die Nacht Kava-trinken und manchmal auch singen und tanzen. Traditionelle fidschianische Tänze sind rhythmische Bewegungen im Sitzen und offenbar nicht die Hüften schwingenden Damen, wie beispielsweise auf den Marquesas.

Für die Nacht zum Sonntag haben wir einen Ankerplatz gewählt, von dem aus wir in einer viertel Stunde am Landing sind, damit wir am Sonntagmorgen nicht so früh aufstehen müssen. Nachts gegen 23.30 Uhr, es ist draußen eigentlich stockfinster, leuchtet plötzlich etwas in unsere Kabine hinein, es wird an die Bordwand geklopft und gerufen. Hermann schießt aus dem Schlaf hoch um draußen nachzusehen, was da los ist. Schließlich ist bei uns alles offen, wenn wir schlafen. Es ist das fidschianische Crew-Mitglied der LOBSESSION. Er ist mit dem Dingi unterwegs und kann sein Boot in der Dunkelheit nicht finden. Hermann versucht, so gut es geht, ihm zu erklären, in welche Richtung er fahren muss. Allerdings braucht der junge Mann eine Weile, um es zu verstehen und dann doch in die falsche Richtung davon zu fahren. Eine dreiviertel Stunde irrt er in der Lagune herum, fährt später auch noch einmal an PACIFICO vorbei, und dann ist irgendwann Ruhe. Nach 1.00 Uhr morgens soll er dann auch sein Boot tatsächlich gefunden haben und wieder an Bord gewesen sein.

Wir brauchen zwei Tage, um zu verstehen, was da passiert ist. Zunächst nehmen wir an, der Fidschianer hat zu viel Kava getrunken. So meint es Kelly aus dem Dorf. Doch dann wird uns klar, dass er ja gar nicht wusste, dass wir für die Nacht umgeankert haben. Und von unserem Ankerplatz tagsüber wäre er durchaus in die richtige Richtung gefahren. Erstaunlich ist nur, dass er PACIFICO in der Dunkelheit gefunden hat, denn wir hatten nicht einmal ein Ankerlicht an.

Am Sonntagmorgen sind wir pünktlich um 9.00 Uhr bei Kelly. Pünktlich nach deutschen Zeitmaßstäben. Viel zu früh nach fidschianischen Maßstäben. Dass mit der Zeit wird Sarah uns noch mehrmals in dieser Woche erklären, doch wir sind trotzdem immer pünktlich viel zu früh da.  Kelly geht nicht mit zur Kirche, sondern kocht den ganzen Vormittag für unseren Lunch.

Der Gottesdienst ist aus unserer Sicht nicht so stimmungsvoll fröhlich, wie auf Tahuata, Marquesas, was wohl der Methodisten Religionsgemeinschaft zuzuordnen ist. Trotzdem ist es von den Gesängen her sehr schön. Wir werden sogar während des Gottesdienstes besonders begrüßt und willkommen geheißen. Eine sehr nette Geste.

Für den Lunch wird draußen unter einem Schatten spenden Blechdach auf der Sitzmatte ein Tischtuch ausgebreitet und eingedeckt. Unsere Plätze sind unschwer zu erkennen. Es sind die einzigen, an denen auch Messer und Gabel neben dem Teller liegen. Die lauwarmen Speisen sind schmackhaft und sehr vielfältig. Kein Wunder, dass Kelly dafür den ganzen Vormittag benötigt hat. Es gibt verschiedene Variationen von Fisch, Muscheln, Chinesische Nudeln, Süßkartoffelblätter in Kokos, Kasawa und auch richtige Kartoffeln. Und keiner am Tisch isst, bevor wir nicht alles probiert haben und mit dem Essen fertig sind, was für uns schon ein etwas seltsames Gefühl auslöst.

Da wir Wünsche äußern dürfen, jedoch nicht wirklich Fisch möchten, fragen wir nach einer Languste. Kein Problem. Also geht es am Montag zum Fischen. Hermann wird Montag am späten Vormittag von Kelly und seinem Freund Tonga mit dessen Boot abgeholt. Nach ein paar Stunden, in denen die drei sich wohl zum Tauchen und schnorcheln in der ganzen Lagune herumgetrieben haben, kehren sie auch tatsächlich mit einem ziemlich großen Exemplar einer Languste zurück. Hermann wird samt Languste wohlbehalten an Bord der PACIFICO wieder abgeliefert, bevor sich die beiden Freunde wieder aufmachen. Sie wollen sich ein Netz leihen, um noch einige Fische zu fangen.

Am Dienstag laufen fünf weitere Boote in die Lagune und ankern in Sichtweite. Nun sind wir wirklich nicht mehr allein.

Nachmittags nehmen wir einen frisch gebackenen Kuchen mit ins Dorf. Dort wird gefeiert und wir sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Der Kuchen wird übrigens in winzige Stücke geteilt, sodass möglichst viele davon etwas bekommen. Diese Feier ist eine Gelegenheit für Hermann auch einmal Kava zu probieren, das überwiegend von den männlichen Anwesenden getrunken wird. Ein Aufguss nach dem anderen wird bereitet, in die große, in der Mitte stehenden Kava-Bowl geschüttet und dann Schälchen weise an die Anwesenden verteilt. An Männer und Frauen. Wer mag. Uns beeindruckt insbesondere die Menge, die hier an Kava Wurzeln verarbeitet wird, da wir doch wissen, was ein Kilo davon auf den Märkten kostet. Und auf Fulaga wächst hiervon nur sehr wenig. Was hier heute vertrunken wird, ist am Samstag mit dem Versorgungsschiff gekommen.

Auch am Mittwoch sind wir wieder im Dorf. Heute wird ein Baby gefeiert. Es sind die Chiefs und Gäste aus den drei Dörfern im Village. Gefeiert wird im Haus der großen Chiefs, wo es auch Reden und eine Tanzvorführung gibt, und natürlich Kava und in den Häusern der jungen Eltern. Die Frauen treffen sich an verschiedenen Plätzen, viele haben ein kleines Geschenk für das Baby dabei. Nach der festlichen Zeremonie im Hause des Chiefs zu Ehren des kleinen Erdenbürgers, versammeln sich die Frauen im Haus der Mutter. Die Geschenke werden auf den Boden in die Mitte gelegt. Es sind wohl an die vierzig Frauen in dem Raum. Und dann wird das Baby von Frau zu Frau gereicht und von jeder geküsst und geherzt. Am meisten hat es mich erstaunt, dass das kleine Wesen diese Zeremonie völlig entspannt und ohne zu quengeln über sich ergehen lässt. Der Pfarrer und der Kindsvater tauchen kurz auf und es werden segensreiche Worte gesprochen. Danach wird von den Frauen das Mittagessen zubereitet und verteilt. Auch wir sind natürlich zu Fisch, Muscheln, Kartoffeln und grüner Papaya eingeladen, bevor wir uns dann am frühen Nachmittag verabschieden. Die Feier im Village wird noch bis weit in die Nacht gehen.

Wir suchen uns einen Ankerplatz vor der Insel, die eigentlich einmal ein Resort werden sollte. Es ist wohl die größte der Inseln in der Lagune. Am heutigen Donnerstag erkunden wir die Insel, gehen schwimmen und bereiten am Strand die brasilianischen Pasteten. Auch wenn heute die Sonne nicht scheint, oder vielleicht auch gerade deshalb, ist es angenehm warm und nicht zu heiß. Wir überlegen, wie so ein Resort hier wohl aussehen würde, was es alles braucht, damit Menschen an so einem wunderschönen Ort einen sehr exklusiven und teuren Urlaub verbringen. Eine günstige Urlaubsvariante können wir uns aufgrund der Transportschwierigkeiten und der damit verbundenen Kosten nicht vorstellen. Zu weit liegt die Insel von der Hauptinsel entfernt. Und irgendwie sind wir doch ganz froh, dass wir hier ganz allein sitzen können, dass es kein Luxusresort gibt oder in nächster Zukunft geben wird.

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